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V wie VIC Bereich

VIC = Very Important Cows

Der Begriff VIC umfasst alle Tiere, die sich drei Wochen vor der Abkalbung bis drei Wochen nach der Abkalbung befinden. Dieser Übergang von der Trockenstehzeit in die Laktation beschreibt die kritischste Phase im Laktationsverlauf einer Kuh.
Nur etwa 50% aller Milchkühe kommen ohne Probleme durch diesen Abschnitt und können ihr volles Leistungspotential ausschöpfen. Die Transitphase wird häufig von Krankheiten wie Labmagenverlagerung, Mastitis, Metritis und Immunsuppression begleitet. Im Zentrum dieses Krankheitskomplexs steht die negative Energiebilanz (NEB), die sich auf eine mangelnde Futteraufnahme um den geburtsnahen Zeitraum zurückführen lässt. 
In der Praxis wird häufig die Lehrmeinung verfolgt, dass dieser Komplex durch eine Schieflage im Stoffwechsel ausgelöst wird, wie beispielsweise hohe Mobilisation von Fett zum Ausgleich der NEB oder Calciummangel durch das Einsetzen der Milchproduktion. Diese Ereigniskette stellt aber eine normalen biologischen Prozess dar, der nach jeder Geburt eintritt. 

Was ist also der Auslöser für den gefährlichen Verlauf dieses natürlichen Prozesses?

Laut Dr. Gordie Jones ist Milch die Abwesenheit von Stress. Hochleistende Kühe geben nur deshalb so viel Milch, weil sie nachweislich das geringste Stresslevel haben. Diese Aussage wird durch das Modell des “Leaky guts”, des durchlässigen Darms, von Prof. Lance Baumgard unterstrichen. Demnach wird durch unterschiedliche Stressoren die Darmschranke beeinträchtig, wodurch Bakterien ungehindert ins Blut gelangen. Die Bakterien werden unter enormen Energieaufwand unschädlich gemacht. Jedoch bleiben die Zellmembranen der unerwünschten Eindringlinge zurück, die in der Blutbahn zu den Organen zirkulieren und dort weiter Entzündungsprozesse hervorrufen, die wiederum Energie verbrauchen und das Immunsystem schwächen. Die Folge daraus ist eine rückläufige Futteraufnahme, die Stoffwechselerkrankungen wie Ketose, Azidose, Milchfieber und Co. mit sich bringt.
Um eine erfolgreiche Transitphase zu gestalten ist das oberste Ziel einen möglichst stressfreien Übergang von der Trockenstehzeit in die Laktation zu erreichen.

Wer dieses Ziel angehen möchte, muss sich neben der Fütterung vor allem mit der Haltung von Kühen in diesem Abschnitt auseinandersetzen, um mögliche Stressoren auszuschalten. 

Die wichtigsten Stressoren in dieser Phase sind:
  • sozialer Stress
  • Überbelegung
  • Umgruppierung
  • Isolation
  • Hitzestress
  • grundlegende Erkrankungen
  • Futterumstellung /-restriktion
Ansprüche von trockenstehenden und frisch-melkenden Kühen
  • Fressplatzverhältnis von 1:1
  • Liegeplatzverhältnis 1:1
  • Transitphase - freie Liegefläche 
  • keine Überbelegung 
  • ausreichendes Wasserangebot
  • ausreichende Kühlung
  • keine Sackgassen
  • trittsicherer Untergrund
  • maximale Hygiene
Im gesamten Zeitabschnitt vom Trockenstellen bis zur Eingliederung in die Hauptlaktierergruppe sollten die Kühe nicht um Liege- oder Fressplätze konkurrieren, dass heißt alle Kühe sollen gleichzeitig fressen bzw. liegen können. Wichtig dabei ist, dass auch in kleinen Gruppen 2 Tränken pro Gruppe vorgesehen werden, um Rangkämpfe zu vermeiden. Die Fressplatzbreite ist je nach Leistung auf 80 bis > 90 cm auszulegen. Zusätzlich sollte in diesen Bereichen ein Sicherheits-Selbstfangfressgitter eingebaut werden, damit Kühe nach Bedarf fixiert werden Kühen. Bis 2 - 3 Wochen vor der Abkalbung können Kühe in Tiefboxen gehalten werden, die min. 1,35 m breit sind. Nach diesem Zeitpunkt wird eine Transitgruppe im sogenannten VIC-Bereich gebildet. 

Für eine möglichst genaue Berechnung und ausreichenden Dimensionierung dieser Bereiche müssen vor allem Abkalberate, Abkalbespitzen und Verweildauer in den einzelnen Bereichen berücksichtigt werden. Allerdings gilt je länger die Kühe in den jeweiligen Bereich bleiben darf, desto weniger Reserven müssen mit eingeplant werden. Ebenso muss die Anzahl der Tränken auf die Gruppengröße abgestimmt werden.
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VIC-Bereich

Der VIC-Bereich ist ein Zweiflächen-System mit befestigten Fresslaufgang und Strohliegeflächen. In diesem Bereich befinden sich alle Tiere von drei Wochen vor der Abkalbung bis circa drei Wochen nach der Abkalbung. Die Transitgruppe setzt sich aus Spättrockenstehenden, Abkalbenden und Frisch-melkenden zusammen. In kleineren Herden werden Spättrockenstehende und Frisch-melkenden gemeinsam gehalten, mit zunehmender Herdengröße können diese beiden Bereich aufgeteilt werden. 

Die Kühe werden idealerweise mindesten drei Wochen vor der Abkalbung in den VIC-Bereich umgestallt. Dadurch wird verhindert, dass Kühe zwischen zwei und sieben Tage vor der Abkalbung noch umgruppiert werden. In diesem Zeitraum reagieren Kühe sehr empfindlich auf Neugruppierungen. Dies äußert sich vor allem durch einen Rückgang der Futteraufnahme und erhöhtes Risiko für Tot- oder Schwergeburten. Grundsätzlich sollten Kühe immer paar- bzw. gruppenweise umgestallt werden, umso den sozialen Stress zu minimieren

Das Platzangebot pro Kuh im VIC-Bereich richtet sich vor allem nach der Leistung der Herde. Als Faustregel gilt: 1 m2 reine Liegefläche pro 1000 Liter. Die Bucht sollte nicht tiefer als 11 m sein und der Übergang zum Futtertisch über die gesamte Länge offen. Da Einflächen-System für die Klauengesundheit und den Strohverbrauch nachteilig sind, wird der Fresslaufgang mit Spalten oder als planbefestigter Laufgang gestaltet. Der Laufgang sollte min. 3 m breit und trittsicher sein.
Abkalbung
Bis zu 90% aller Kühe im Transitbereich kalben alleine in der Gruppe ab. Wenn aus hygienischen Gründen oder bei Geburtshilfe eine abgetrennter Bereich benötigt wird, können die Tiere separat in der flexiblen Abkalbebox (siehe auch Cuddlebox) kalben. Dieser Bereich sollte min. 4 x 4 Meter groß sein und ist mit schwenkbaren Abtrennungen versehen. Zusätzlich befindet sich hier ein Stand mit einem Fanggitter und einem schwenkbaren Tor zur Fixierung der frisch abgekalbten Kuh. Um das erste Gemelk einfach und schnell zu erhalten, kann hier eine Vakuumleitung montiert werden.

Nach der Kalbung wird der Kuh zuerst min. 20 Liter lauwarmes Wasser am besten mit Zugabe eines hochwertigen Abkalbetrunks versorgt. Während oder nachdem die Kuh gesoffen hat, kann das Kalb in den Kopfbereich des Fangstandes, in die sogenannte Cuddelbox, gebracht werden. Hier wird der Kuh auch frisches Futter angeboten. Aus Reflex folgt die Kuh unwillkürlich und wird so ohne Stress und sicher im Stand fixiert. Die Kuh kann sicher und einfach gemolken werden und das Kalb erhält in möglichst kurzer Zeit das Kolostrum. Ist das Kalb versorgt und trocken, wird es von der Mutter getrennt.

Ersten 14. Tage nach der Abkalbung
Auch wenn die Kuh die Abkalbung gut überstanden und offensichtlich fit ist, bleibt sie weiterhin im VIC-Bereich, getrennt vom Rest der laktierenden Herde. Im Durchschnitt treten die meisten Erkrankungen innerhalb der ersten 14 Tage nach der Abkalbung auf. Der Übergang vom Trockenstehen zur Laktation stellt für den Stoffwechsel einen enorme Beanspruchung dar. Durch das Ungleichgewicht zwischen Energiezufuhr - geringere Futteraufnahme aus der Trockenstehzeit und steigendem Energiebedarf - Einsatz der Milchproduktion ist nicht ausreichend Energie für das Immunsystem vorhanden. Durch den Verbleib im VIC-Bereich hat die frisch melkende Kuh keinen zusätzlichen Stress durch das Umgruppieren, was sich positive auf die Futteraufnahme und die Immunlage auswirkt. Zusätzlich sind alle Kühe, die vermehrt beobachtet werden müssen bzw. separat gemolken werden in einer eigenen Gruppe zusammengefasst. Idealerweise bleiben die Frischlaktierer noch 21 bis 30 Tage nach der Abkalbung im VIC-Bereich oder in größeren Herden in einer Frischlaktierer-Gruppe. 

In der Praxis wechseln Kühe, die gut in die Laktationstarten, früher in die Hauptherde, während schwächere Kühe dafür länger in diesem abgesonderten Bereich bleiben können. 
VIC Bereich - für eine gesunde Herde
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